Gedanken zu „The Garden of Dreams“
Text: Christian Brandauer/Musiker, Komponist, Schauspieler
Über Präsentation "the garden of dreams" vom 29. März 2013 im Lalish Theaterlabor/Wien
In einem abgeschlossenen System fließt Wärme spontan immer nur vom heißerem zum kälteren Körper. Die Wärme von Nigar Hasib durchströmt den Raum mit einer universellen Kraft. Die Faszination der Arbeit von Nigar und Shamal besteht vornehmlich darin, dass jeder Schritt, jede Geste, jeder Ton präzise und schnörkellos, ohne sentimentale Verzierungen, direkt mit dem Kern ihrer Arbeit verbunden ist. Das In-Sich-Sein als Schlüssel für das Im-All-Sein.
Kein Weg ohne Ziel, kein Ziel, wenn einmal erreicht, ohne Weisung eines neuen Weges. Auf diese rituelle Reise entführen die Künstler ohne Gepäck, ohne ideologischen Zwang, ohne Vorurteil, ohne Schatten. Die Klarheit der Bilder und die perfekte Aufgeräumtheit der Struktur eröffnen den direkten Zugang zu einem Mehr an Gefühlen und Möglichkeiten, zu einem eigenen „No Shadow“. In ihrer aktuellen Arbeit „Garden of Dreams“ finden sich all die formalen Elemente wieder und auch hier beeindruckt der wahrhaftige und intensive Gesang und die in jeder Faser authentische Darstellung von Nigar Hasib. Zu meinem Entzücken haben die Künstler ihrer Performance eine Facette hinzugefügt, von welcher ich als Komponist nur träumen kann.
Kürzlich beschäftigte ich mich mit Unordnung in der Musik und kam zu dem Schluss, dass ich keine entropische Komposition würde schaffen können, da jede Anordnung von Klängen zwangsläufig einer von mir geplanten Unregelmäßigkeit folgen werde. Da ich meine Klänge nicht aus Kübeln auf Papier schütten kann, und auch jede noch so freie und spontane Improvisation Klischees und Regelmäßigkeiten beinhalten würde, schien mir die Komposition der reinen Unordnung als Ding der Unmöglichkeit.
Während Nigar im „Garden of Dreams“ ihren Gesang vorträgt lässt sie Nägel, Schrauben und jede Menge Besteck zu Boden fallen. Diese Materialien komplimentieren den wohlgeführten Gesang nicht nur akustisch, (in einer durchaus entropischen Art und Weise), sondern ergeben ein präzise definiertes Mosaik in welchem jede zufällige Konstellation von Messern, Gabeln und Löffeln wie gewollt, auf nur diese eine mögliche Art und Weise von Menschenhand arrangiert werden konnte. Es hatte den Anschein als hätten Nigar und Shamal ein ungeordnetes Kartenspiel so gemischt, dass ein geordnetes entstanden ist. Wer sich nun wundern mag, wo denn neben dem vielen Besteck, die Früchte seien, in Nigar und Shamal´s Garten der Träume, wird schon nach wenigen Takten gewahr, dass diese im Laufe der Performance, in uns, dem Publikum heranreifen.