Theater einmal ganz anders
Im Theaterlabor Lalish wird experimentelle Performance gelebt
Shamal Amin (l.) und Nigar Hasib (r.) sind seit ihrer Jugend Künstler. In Währing performen sie mittlerweile seit 20 Jahren.
WÄHRING. Hört man den Begriff Theater, denkt man vor allem an Schauspieler, die klassische Dramen von Lessing oder Turrini auf einer Bühne geschmückt mit Requisiten zum Besten geben.
Im Lalish Theater in der Gentzgasse ist dies nicht der Fall. Das Theaterlabor von Nigar Hasib und Shamal Amin ist Schauplatz experimenteller Performances jeglicher Art.
Kurdische Wurzeln
Mittlerweile gibt es das Lalish schon über 20 Jahre. In den Neunzigern flohen Nigar Hasib und Shamal Amin mit ihrem Baby aus dem Irak – damals waren die beiden 18 und 19 Jahre alt. Der brutal geführte zweite Golfkrieg gegen Saddam Hussein machte die Lebensumstände für Kurden im Land unerträglich.
"Österreich nahm damals 120 Flüchtlinge auf – Shamal und ich waren zwei davon", erzählt Hasib die Geschichte von ihr und ihrem Mann. "Wir haben in Bagdad bereits Theaterwissenschaft studiert und wollten das in Österreich nicht aufgeben." In den Achtzigern haben die beiden die experimentelle Theaterszene in Kurdistan mitbegründet.
Performancekunst in ihrer neuen Heimat weiter zu praktizieren, war für die beiden von Anfang an klar. Ihr Geld verdiente sich das Ehepaar neben dem Studium zu Beginn als Straßenkünstler. "Unsere erste Wohung war nur ein Zimmer – ohne Bad, Toilette oder Küche", erzählt die Kurdin. "Aber wir dachten uns: Nach drei Kriegen kann uns nichts mehr erschüttern."
Reich an Begegnungen
Um das Finanzielle sei es den beiden sowieso noch nie gegangen. "Mir geht es darum, in Kontakt mit den Künstlern und Gästen im Lalish zu treten, mich mit ihnen auszutauschen und zu wachsen", erklärt die Künstlerin. "Ich bin reich an Begegnungen, aber nicht reich an Geld – das will ich auch gar nicht."
Das besondere an ihren Schaustellungen ist der Fokus auf Stimme und Körper wie beispielsweise beim Tanztheater.
Das klassische Schauspiel mit gesprochenen Dialogen gibt es nicht. Seit 1998 wird im Lalish nicht nur aufgeführt, sondern auch zu unkonventionellen Ansätzen im Theater geforscht. "Wir sind vor allem für Studenten und internationale Künstler eine Anlaufstelle", erklärt Hasib.
Essen und Gespräche
Was es sonst auch noch in keinem anderen Theater gibt, ist das gemeinsame Kochen und Essen nach den Vorstellungen. Orientalische Gerichte wie Couscous mit Joghurt werden gereicht, während man es sich auf einem der Teppiche gemütlich macht. Übrigens: "Lalish" ist Kurdisch und bedeutet soviel wie Licht oder Leben. "Wir glauben an die Kraft der Natur und leben im Hier und Jetzt – einer klassischen Religion gehören wir aber nicht an", so Nigar Hasib.
Autor: Lisa Kiesenhofer
In Wiener Bezirkszeitung Währing und Donaustadt
Ausgabe 03 am 16./17. und 23./24. Januar 2019